Logischerweise stellt sich bei der Betrachtung von Monstern (wie bei jeder anderen systematischen Betrachtung) zunächst die Frage nach der Definition des Betrachtungsgegenstandes. Was also ist ein Monster?
Monster gibt es, so nehme ich an, mindestens seit der Entstehung des menschlichen Bewustseins. Wobei ich mir auch vorstellen kann, dass bspw. das sprichwörtliche Kaninchen im Traum eine ähnlich traumatische Vorstellung von der Schlange reproduziert, wie etwa Lorraine Gary, alias Ellen Brody im weißen Hai IV von ihrem „Gegner“. Egal wie alt sie wirklich sind, Monster sind Abbilder realer und/oder phantasierter Bedrohungs- bzw. Ohnmachtssitautionen. Jeff Goldblums (Seth Brundle) Angst der Methamorphose zu einem ekelerregenden, asozialen und schizophrenen Untier in Die Fliege (1958) und (1986) ist ebenso wie die Panik vor der brutalen Zerstörung der heilen (jugendlichen) Welt in Cloverfield Ausdruck der Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit.
Insofern stellen Monster eine Projektion (letztlich) des eigenen Todes in die Außenwelt (weg von mir) dar. Damit erfüllen sie eine wichtige psychohygienische Funktion. Das „ich“ kann sich so von der Schuld am und der Verantwortung für den eigenen, unaufhaltsamen Niedergang lösen und (einen Teil) der Verantwortung dafür abgeben. Wer von einem Monster getötet wird, stirbt ohne (eigene) Schuld und ohne sich rechtfertigen zu müssen, warum er alle noch nicht beglichenen „Schulden“ zu Lebzeiten nicht mehr getilgt hat. Hier gibt es Parallelen zu (religiösen) Interpretationen von Naturkatastrophen.
Vielleicht sind Monster das verarbeitete (und ins Bewusstsein gerückte) kognitive Abbild der Todesstarre, der physischen und psychischen Gewissheit, dass man jetzt aufhören wird zu existieren. Dabei löst sich das psychische vom physischen Bewusstsein (oder umgekehrt) und beide, da sie sich als gegenseitige Spiegelfläche benötigen, lösen sich auf. In diesem Schwebezustand verfällt man der lähmenden Faszination des Monsters.
Es wäre interessant zu untersuchen, ob die Intensität der Panik vor Monstern mit der Größe des eigenen Selbstbildes korreliert. Ich nehme an, dass bei Menschen mit einem sehr stark ausgeprägten Selbstbild die Panik vor Monstern erst bei wesentlich agressiveren und/oder dominateren Bestien einsetzt, als bei solchen, mit einem geringen Selbstwertgefühl. Und um die „Schuldfrage“ zu klären, wäre es auch interessant, ob Menschen, die sich „schuldiger“ fühlen, eine grundsätzlich höhere Monsterangst haben, als solche, die sich weniger „schuldig“ fühlen.